„Demokratische Gesinnung kann weder verordnet noch mit staatlichen Zwang durchgesetzt werden“

VerfassungAm 25. April beantragten die Fraktionen "Die LINKE.PDS " und "Perspektive" im Stadtrat die Unterstüzung des Volksantrages „COURAGE ZEIGEN – Für ein weltoffenes Sachsen “. Die Fraktionen CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnten diesen Antrag ab. Die Gründe für unsere Ablehnung erläuterte Annekathrin Giegengack in ihrem Redebeitrag:

"Sehr geehrte Damen und Herren, der Antrag der PDS Fraktion ist eine Bewährungsprobe – es geht um die Grundfesten unserer Demokratie. Wie viel Freiheit darf ein freiheitliches System gewähren, um die Freiheit selbst nicht zu gefährden? Nach den Erfahrungen der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus war dies die zentrale Frage bei der Erarbeitung unseres Grundgesetzes.

Meine Damen und Herren, ich glaube es ist den Vätern und Müttern unseres Grundgesetzes nicht hoch genug anzurechnen, dass sie trotz der Repressalien die sie im dritten Reich zu erleiden hatten, ein Grundgesetz konzipierten, dass allen Menschen – unabhängig von ihrer Gesinnung – die gleichen Freiheitsrechte garantiert.

Grundgedanke dabei war, dass ein freiheitlicher Staat von seinen Bürgern kein bestimmtes politisches Bekenntnis – auch keines zur Demokratie – verlangen kann,  dass er demokratische Gesinnung weder verordnen noch mit staatlichen Zwangsmitteln durchsetzen kann, ohne dabei selbst der Bezeichnung „freiheitlich" verlustig zu gehen. Dies – meine Damen und Herren – ist das Fundament, die Basis, die Grundlage unserer Demokratie.

Müssen wir deshalb tatenlos zusehen, wie Glatzen Ausländer verprügeln, wie Neonazis mit dem Hitlergruß das Horst Wessellied skandieren, Synagogen stürmen oder Altnazis öffentlich den Holocaust verharmlosen oder leugnen? Mitnichten. All das sind Tatbestände die nach § 84 bis 86 und 130 Strafgesetzbuch unter Strafe stehen. Unser Staat muss nicht verpflichtet werden rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Aktivitäten sowie die Wiederbelebung und Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes zu verbieten. Soweit diese Betätigungen Straftaten sind, sind sie schon verboten.

Was ist dann das Anliegen der so genannten AntiFa-Klausel? Zu verhindern, dass die Neonazis in unseren Städten aufmarschieren? Nun meine Damen und Herren, die AntiFa-Klausel wird ein Verbot dieser Aufmärsche in keiner Weise erleichtern. Die AntiFa-Klausel wird vielmehr die notwendige gesellschaftliche Auseinandersetzung auf rechtliche Auslegungsfragen verlagern. 

Meine Damen und Herren, die Einschränkungen unserer Freiheitsrechte – und da gehört das Versammlungsrecht dazu – sind einzig zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und zur Verhütung von Straftaten zulässig und diese Beschränkungen sind wiederum an den Freiheitsrechten zu messen. Das ist richtig. Das ist gut. Und das sollte so bleiben. Wir werden deshalb ihrem Antrag nicht zustimmen."

***

Nach der Stadtratssitzung unterstellte Thomas Scherzberg (PDS Fraktion) in einem offenen Brief, dieser Redebeitrag von Annekathrin Giegengack sei ein Affront gegen die Erstunterzeichner des Volksantrages. Der Brief eröffnet Einblicke in das Demokratieverständnis von Thomas Scherzberg.

Lesen Sie dazu auch "Antifa-Klausel – nutzlose und gefährliche Verfassungssymbolik!"
(Standpunkt der grünen Landtagsfraktion)

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