Grüne fordern Hochwasserschutzkonzept 2030 für Chemnitz

Hochwasser_ZwnitzDrei „Jahrhunderthochwasser“ in 11 Jahren – da ist eine Neuausrichtung des Hochwasserschutzes im gesamten Stadtgebiet notwendig, fordert die Mitgliederversammlung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Chemnitz in ihrem Beschluss vom 1. Juli 2013.

Im Wortlaut:

Das diesjährige Sommerhochwasser – das dritte „Jahrhunderthochwasser“ in 11 Jahren – ist ein Drama besonders für alle ChemnitzerInnen, deren Hab und Gut zum wiederholten Mal im braunen Schlamm versank. Es wird noch große Anstrengungen von Privatpersonen, Firmen und der Stadt kosten, die Schäden zu beheben.

Vieles funktionierte besser als beim Hochwasser in den Jahren 2002, 2006 und 2010. Verwaltung, Katastrophenschutz und Bürger waren besser vorbereitet, die Informationen kamen früher, waren verlässlicher und öffentlich abrufbar. Feuerwehr, THW und Rettungskräfte wirkten gut organisiert. Viele Freiwillige packten mit an und halfen, Schlimmeres abzuwenden.

Doch der fortschreitende Klimawandel löst mehr Feuchtigkeit in der Atmosphäre und führt häufiger zu Starkregen. Öfter treten deshalb die Bäche und Flüsse im Stadtgebiet aus ihrem „Korsett“. Die Mauern und Dämme immer nur höher zu bauen, hilft nicht weiter. So wie das im Erzgebirge durch technischen Hochwasserschutz schnell abgeleitete Wasser die Überflutungsgefahr in Chemnitz erhöht, tragen schnell abfließende Niederschläge im Stadtgebiet zu gefährlich hohen Wasserständen flussabwärts bei.

Wir ChemnitzerInnen tragen so eine Mitverantwortung – z. B. am erneut großen Leid der Grimmaer Bevölkerung. Wenn bisher erfolgte einseitige Hochwasserschutzmaßnahmen ihre Wirkung verfehlen, müssen Gesellschaft und Politik die zunehmenden Hochwassergefahren ernster nehmen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Chemnitz fordern daher eine Neuausrichtung: Hochwasserschutz muss auf der gesamten Stadtfläche erfolgen, die menschlichen Nutzung von Bach- und Flussauen muss angepasst und städtische Infrastruktur muss widerstandsfähiger werden. Die in diesen drei Bereichen notwendigen Maßnahmen sollen mit einem „Hochwasserschutzkonzept 2030“ geplant und umgesetzt werden:

1. Hochwasserschutz auf der gesamten Stadtfläche

  • konsequente Null-Neuversiegelung, vor allem keine weitere Versiegelung in der Nähe von Flussläufen, Flächenentsiegelung im Zuge des Stadtumbaus; Finanzierung von Entsiegelung oder Renaturierung von Bach- und Flussauen durch Ausgleichsmaßnahmen bei Bauvorhaben
  • Förderung dezentraler ortsnaher Versickerung und Regenwasserrückhaltung möglichst auf dem Grundstück, z. B. durch „Abklemmen“ des Regenwassers vom Abwassersystem, durch Dachbegrünung und Regenwasserspeicherung
  • Entwicklung eines flächendeckenden Systems von natürlicher Regenrückhaltung wo immer dies im Stadtgebiet möglich, z. B. durch Rückhaltedämme mit begrenztem Durchfluss an Bächen, durch erhöhten Stauraum an vorhanden Teichen, durch Anlage neuer Teiche und Feuchtbiotope mit Rückhaltepotential
  • Verbesserung der Wasseraufnahmefähigkeit der Landwirtschaftsflächen im Stadtgebiet durch umweltverträglichere Bodennutzung und eine gegliederte, saum- und heckenreiche Feldstruktur
  • Maßnahmen zum Schutz der Hanglagen des Stadtgebietes, z. B. durch Schaffung von „Grünen Schneezäunen“ zur Verhinderung von Bodenerosion und Verzögerung der Schneeschmelze
  • Förderung der Wiederbewaldung der Flussauen und Gewässerschutzstreifen
  • naturnaher Umbau des Kommunalwaldes im Erzgebirge zur Erhöhung der Wasserspeicherung

2. Anpassung der menschlichen Nutzung von Bach- und Flussauen

  • Schaffung weiterer Überschwemmungsflächen im unbebauten Bereich der Fluss- und Bachauen und Auenrevitalisierung z. B. im Chemnitzer Norden
  • Renaturierung der Fließgewässer im Stadtgebiet entsprechend dem Beispiel Kappelbach zwischen Ulmenstraße und Barbarossastraße
  • Überplanung aller Bach- und Flussauen mit dem Ziel, Wohn- und Gewerbegebiete in von Überschwemmung bedrohten Arealen auszuschließen, Bebauungspläne entsprechend ändern, z. B. keine Biovergärungsanlage in der Chemnitzer Flussaue
  • Unterstützung bei der Verlagerung von Wohn- und Gewerbenutzung aus mehrfach überfluteten Bereichen und beim Rückbau von Infrastruktur in besonders gefährdeten Gebieten z. B. durch Einsatz von Stadtumbau-Fördermitteln
  • Nutzung der städtischen Auen als naturbelassene Erholungsgebiete, als Weideflächen, als Frischluftschneisen und als Überschwemmungsflächen

3. Verbesserung der Gefahrenabwehr und der Widerstandsfähigkeit städtischer Infrastruktur

  • Anpassung gefährdeter Gebäude-, Straßen-, Schienen- und Leitungsinfrastruktur an temporäre Überflutung
  • hochwasserangepasste Nutzung der Keller, insbesondere Verlegung der Elektroverteiler und Gasanlagen aus dem Keller in höhere Geschosse
  • bessere Koordination des Hochwasserschutzkonzeptes Zwönitz mit städtischen Maßnahmen an Brücken; alternativloser Brückenabriss ist keine Lösung!
  • Zustandsanalyse der städtischen Kanalinfrastruktur, Überprüfung der Geeignetheit der aktuellen Betreiberstruktur im Hinblick auf dringend notwendige Investitionen
  • Analyse der städtischen Infrastruktur im Hinblick auf Anfälligkeit verschiedene Wetterextreme wie Starkregen, Schneemassen, Stürme, Hitze etc.

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