Bilanz der Stadtratsfraktion B90/DIE GRÜNEN 2009 bis 2014

Zu den letzten Kommunalwahlen konnten wir GRÜNE mit 7,55 % und 20.800 Stimmen 4 Stadtratsmandate erreichen – das beste Ergebnis seit 1999. Heute können wir grundsätzlich feststellen, dass unsere Fraktion die ihr von unseren Wählerinnen und Wählern übertragenen Aufgaben gut erfüllt hat. Wir sind zwar eine kleine Fraktion und sitzen im Stadtrat auf der hintersten Bank, aber Hinterbänkler waren und sind wir nicht. Die „GRÜNEN“ sind ein wahrgenommener Faktor in der Chemnitzer Kommunalpolitik. 

Das bezieht sich sowohl auf die öffentliche Berichterstattung als auch die vielen Kontakte, die wir in den letzten Jahren zu Vereinen und Verbänden, Unternehmen und Bürgerinitiativen aufgebaut und gepflegt haben. Mit unserem Konzept der thematischen „Öffentlichen Fraktionssitzung“ waren wir die Ersten, die zentrale Themen der Kommunalpolitik mit einem Kreis von Experten und interessierter Bürgerschaft öffentlich diskutiert haben. In diesem Format haben wir folgende Schwerpunkte aus dem Kommunalwahlprogramm aufgegriffen:

– die öffentlichen Daseinsvorsorge wie Wohnen, Strom und Wasser
– die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention im städtischen Leben
– der Ausbau präventiver Maßnahmen in der Jugendhilfe
– der Vorrang von Bus, Bahn, Fuß- und Radverkehr
– die Perspektiven der kommunalen Kulturpolitik.

Wir haben uns in jeder Stadtratssitzung zu Wort gemeldet, über 40 Anträge und eine große Zahl Änderungsanträge zu Zielen aus unserem Kommunalwahlprogramm eingebracht. Hier einige wenige Anträge, die aus unserer Sicht ganz besonders für erfolgreiche GRÜNE Kommunalpolitik stehen:

– die Grünpflegekonzeption und das Radverkehrskonzept
– der Verzicht auf Atomstrom für den städtischen Bedarf ab 2014
– der Prüfauftrag für ein Sozialticket im Öffentlichen Nahverkehr der Stadt
– der Beitritt zur EU-Charta für die Gleichstellung von Frau und Mann auf kommunaler Ebene
– die Unterschutzstellung historischer Gasleuchten
– die Platzbenennung nach Stefan Heym
– neue Regelungen für gesundes Essen in Chemnitzer Kindertagesstätten
– die Erarbeitung eines Hochwasserschutzkonzeptes
– die Stellensicherung der Behindertenbeauftragten
– die Fortschreibung des Nahverkehrsplans

Immer wieder mussten wir um Mehrheiten für den Erhalt des Umweltzentrums und den Erhalt des Frauenbegegnungszentrums Lila Villa kämpfen. Es ist für uns nur schwer nachzuvollziehen, dass die Notwendigkeit eines Umweltzentrums mit Umweltbildung und der Steuerung des AGENDA 21 Prozesses als wesentlichen Arbeitsinhalten, immer wieder ausgerechnet von der SPD-Fraktion und der SPD-Oberbürgermeisterin in Frage gestellt wurde. Aber – und das ist die gute Nachricht – das Umweltzentrum lebt und wird sich an seinem geschichtsträchtigen Standort in der Henriettenstraße behaupten. Unsere Haushaltsanträge waren und sind von der Verantwortung für eine solide Haushaltspolitik getragen, ohne dass wir dabei den Grundsatz der Chancengerechtigkeit und der Verantwortung für unsere natürlichen Lebensgrundlagen aus den Augen verloren hätten. Dass die Behindertenbeauftragte heute eine volle Stelle hat und das Radverkehrskonzept zusätzliche Mittel zur Verfügung hatte, sind Ergebnisse unserer erfolgreichen Haushaltsanträge.

Kritisch begleitet haben wir die geplanten Reduzierungen im Bereich der Sozial- und Jugendhilfe sowie die Entwicklung des Eigenbetriebes TIETZ und natürlich den Bau des neuen Stadions. Geschlossen votierten wir für den Kompromissvorschlag zum Theater. Dass große Teile der SPD- und CDU-Fraktion allen Ernstes die Insolvenz unseres städtischen Theaters diskutierten, war nicht nur ein Schlag ins Gesicht einer emanzipatorischen Bürgerschaft und ihres Stadttheaters, es war auch ein Misstrauensantrag gegenüber der Oberbürgermeisterin und dem neuen Intendanten.

Zur Bilanz gehört auch, dass wir nicht immer erfolgreich waren. Auch hierzu ein Beispiel. Beim Tierschutz in Chemnitz liegt viel im Argen. Deshalb haben wir einen Antrag zur Etablierung eines Tierschutzbeirates in den Stadtrat eingebracht. Dieser Antrag fand nicht die nötige Mehrheit und wird von der neuen Fraktion weiterverfolgt werden müssen.

Gleiches trifft auf den Beschluss zur Trassenführung des Chemnitzer Modells in der Reichenhainer Straße zu. Auch hier konnten wir uns mit dem Änderungsantrag für die Variante 5. 3, die einen wesentlichen Teil der Baumallee erhalten hätte, gegenüber der Mehrheit von CDU, FDP und SPD bisher nicht durchsetzen. Deshalb streiten wir gemeinsam mit den BürgerInnen und der Bürgerinitiative Reichenhain auch weiter für eine Lösung, die den Alleecharakter der Reichenhainer erhält.

Problematisch aus unserer Sicht ist auch, dass entgegen der Beschlusslage aus einem GRÜNEN Stadtratsantrag die Oberbürgermeisterin bisher der Vorlage einer Bürgerbeteiligungssatzung nicht nachgekommen ist. Wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürgern verbindliche Rechte und Pflichten im Rahmen von Beteiligungsprozessen eingeräumt werden. Wir wollen wirkliche Mitsprache statt Bevormundung!

Aktiv eingebracht hat sich die Fraktion in die Auseinandersetzung mit den Rechtspopulisten a la Kohlmann und Co. Wir haben widersprochen, wenn gegen MigrantInnen und Asylsuchende gehetzt oder Teile völkischer Ideologie salonfähig gemacht werden sollten. Immer wieder sind Initiativen von uns ausgegangen oder mitgetragen worden, die zur Positionierung des Stadtrates gegen Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus beigetragen haben.

Wir haben über 300 Anfragen an die Stadtverwaltung gestellt und so für Information von Presse und Bürgerschaft gesorgt. Alle unsere Anfragen sind einschließlich der Antworten auf unserer Website einzusehen.

Wir GRÜNE stehen für Transparenz in der Kommunalpolitik. Öffentlichkeit der Fraktionssitzung, strikte Einhaltung der Befangenheitsregeln und gläserne StadträtInnen gehören dazu. Als einzige Fraktion im Rathaus haben wir am dem Jahr 2010 alle Abrechnungen aus der finanziellen Entschädigung der Stadtratsarbeit veröffentlicht.

Petra Zais

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