Der Kaßberg – urban. lebenswert. liebenswert.

Veranstaltungsbericht von Volkmar Zschocke: der Kaßberg ist beliebt bei Familien, Studierenden und älteren Menschen. Er ist gefühlt der urbanste Stadtteil in Chemnitz und punktet mit seiner Innenstadtnähe, einer guten Nahversorgungsinfrastruktur, vielen Kneipen und einem grünen Erscheinungsbild dank der vorhandenen Grünflächen und Bäume. Gleichwohl treten Konflikte zutage: insbesondere über die Nutzung des öffentlichen Raums gibt es unterschiedliche Vorstellungen unter der Bewohnerschaft auf dem Kaßberg. „Weil er viele Jahre gut funktioniert hat, ist der Kaßberg in gewisser Weise aus dem Blickpunkt gerückt. Das sollte sich ändern, angesichts der Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum, die inzwischen immer stärker zutage treten“, stellt Jörg Schuster, Vorstandsmitglied der Chemnitzer GRÜNEN fest.

Mit diesem Ansinnen, dem Kaßberg mehr Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen und mit den Menschen vor Ort über deren Ideen und Vorstellungen zu sprechen, wie sich der Kaßberg zukünftig entwickeln sollte, lud der Chemnitzer Landtagsabgeordnete Volkmar Zschocke am 13.9. zu einer Abendveranstaltung ins Umweltzentrum ein. Nach einem lockeren Auftakt im Garten des Umweltzentrum mit Gegrilltem und Limonade startete 18 Uhr eine angeregte Diskussion. „Wir wollen einen partizipativen Prozess anstoßen, denn die Gestaltung des Quartiers muss gemeinsam mit den Menschen geschehen“, so Zschocke zur Eröffnung der Gesprächsrunde.

Wenig überraschend spielte das Thema Verkehr eine zentrale Rolle. Über die heikle Parkplatzsituation herrscht allgemeiner Unmut: die Schwierigkeit, abends und nachts überhaupt noch einen Parkplatz zu finden sowie zugeparkte Gehwege und Kreuzungen belasten die Lebens- und Aufenthaltsqualität. Auf die Frage „Was hilft?“ empfehlen die einen Parkgebühren und eine konsequentere Sanktionierung von Wildparkern bis hin zum Abschleppen der betreffenden Autos. Die sei zu verbinden mit einem attraktiven Mix an alternativen Mobilitätsangeboten. „Warum nicht 100 Carsharing-Parkplätze auf dem Kaßberg verteilen? Wenn jeder quasi ein Teilauto vor der Tür stehen hat, überlegen sich einige vielleicht tatsächlich, das eigene Auto abzuschaffen“, lautete ein Vorschlag von Stadträtin Meike Roden. Insbesondere beim Ausbau von Radwegen und Schutzstreifen besteht erheblicher Nachholebedarf auf dem Kaßberg. „Ich kann mir nicht vorstellen, mit Fahrradanhänger über den Kaßberg zu fahren, weil es so gefährlich ist“, gab eine Anwohnerin zu bedenken. Die anderen wünschen sich mehr Parkplätze beispielsweise durch Parkhäuser und die Ermöglichung von Querparken in Verbindung mit Einbahnstraßenregelungen. Keine Befürwortung gab es für die Schaffung von Parkflächen in den Innenhöfen der Karrees.

Genau dieses Thema hat sich die Bürgerinitiative Kaßbergbäume auf die Agenda geschrieben und mit ihrem vehementen Protest gegen entsprechende Planungen eine Überarbeitung des Bebauungsplans West erreicht. Zukünftig sollen die von den Menschen auf dem Kaßberg geschätzten grünen Innenhöfe nicht mehr versiegelt werden durch Parkflächen oder Nebengebäude. Lediglich die Errichtung von Tiergaragen soll genehmigt werden, wenn die Begrünung anschließend wieder hergestellt wird. Mit diesem Erfolg will sich die BI nun neuen Themen widmen. Im Kern geht es um Respekt vor der Natur. Eine Vertreterin lud dazu ein, sich einzubringen, z.B. beim nächsten Treffen am 24.11., 18 Uhr ebenfalls im Umweltzentrum auf dem Kaßberg. Martin Schmidt, ebenfalls Vorstandsmitglied von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Chemnitz stellte fest, dass in den vergangenen Jahren erheblich mehr Straßenbäume auf dem Kaßberg entfernt als nachgepflanzt wurden. „Wir brauchen hier eine klare Regelung, um den Baumbestand langfristig zu sichern“, so der ehemalige Stadtrat. Prompt folgte darauf die Frage: „Wer macht dann das Laub weg?“ Ein Vorschlag, den die Anwohnerin selbst zur Beantwortung ihrer Frage in den Raum warf, zielte auf eine stärkere Einbindung von Schülerinnen und Schülern, um deren Bewusstsein für Umweltthemen zu stärken. Für den Umgang mit unterschiedlichen Erwartungen an Grünpflege zwischen englischem Rasen und wilden Ecken, wo auch Tiere ihren Lebensraum finden, warb Jörg Schuster für mehr Toleranz: „Ideal ist, wenn es beides und alles dazwischen gibt.“

Damit verlagerte sich der Schwerpunkt der Diskussion zum Thema Schmutzecken und verwahrloste Ecken. Anwohnerinnen und Anwohner klagten über schlecht gepflegte Baumscheiben und verschmutze Gehwege, insbesondere an der Schiersandstraße. Auf die Frage an Gästeführerin Grit Linke, ob es Ecken auf dem Kaßberg gibt, die sie lieber nicht zeigt, verneinte diese. „Aber man kann sich kaum an den Fassaden erfreuen, weil man sich so auf die Gehwege konzentrieren muss, um nicht zu stolpern.“ Dem pflichtete Tobias Tannenhauer bei: „An manchen Stellen ist der Zustand der Gehwege regelrecht fußgängerverachtend“, so der Familienvater. Die bauliche Verdichtung auf dem Kaßberg beobachtet ein Anwohner mit gemischten Gefühlen: Zwar gäbe es immer weniger unsanierte Häuser und Baulücken würden geschlossen. Jedoch müsse man sich, auch angesichts der Verkehrssituation, die Frage stellen, wie viel Verdichtung der Kaßberg noch verträgt. „Behutsam nachverdichten“ empfahl GRÜNEN-Stadtentwicklungsexperte Jörg Schuster diesbezüglich. Großes bauliches Potenzial sieht er in der Entwicklung des ehemaligen Güterbahnhofsgeländes in Altendorf.

Daran schloss sich die Frage an, welche Wohnungen es auf dem Kaßberg braucht. „Insbesondere mangelt es an großen Wohnungen, die für Familien bezahlbar sind“, beklagte Susann Mäder, Geschäftsführerin der GRÜNEN Stadtratsfraktion, die mit ihrer Familie auf dem hinteren Kaßberg wohnt. Die Mieten auf dem Kaßberg, vor allem für Neubau- und sanierte Wohnungen steigen stark an. Um gemischtes Wohnen zu ermöglichen, müsse die Stadt regulierend wirken. Martin Schmidt brachte ein Modell ins Spiel, bei dem Investoren hochpreisige Wohnungen (z.B. Penthauswohnungen in den Obergeschossen) mit erschwinglichen Angeboten (z.B. in den unteren Etagen) in einem Haus verbinden. Ein Ansatz, um Wohneigentum zu fördern, könnten Bauherrengemeinschaften darstellen, so Jörg Schuster.
Die abschließende Frage, wie weiter mit den aufgeworfenen Fragen und Themen beantwortete Volkmar Zschocke mit dem Kontaktangebot an die Menschen auf dem Kaßberg: Einzelne Themen haben sich die anwesenden Stadträtinnen bereits mitgenommen. Darüber hinaus stehen Stadtverband und Stadtratsfraktion als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung. Interessierte sind herzlich eingeladen, an Treffen der Kaßberg-AG der Chemnitzer GRÜNEN teilzunehmen.

siehe auch: www.volkmar-zschocke.de

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