In Zeiten des Klimawandels ist der 10-jährige Braunkohle – Liefervertrag mit der MIBRAG ein falsches politische Signal aus der europäischen Klimabündnisstadt Chemnitz, denn der Verbrauch von Braunkohle im Heizkraftwerk Nord wird dadurch weiter steigen.
In anderen Städten wird derzeit an Energieeinsparkonzepten gearbeitet. Chemnitz setzt dagegen langfristig auf Braunkohle, den fossilen Energieträger, der die höchsten CO2-Emissionen aufweist. Grünen-Vorsitzender Thomas Lehmann sagt dazu: "Da Chemnitz Mehrheitseigner der Stadtwerke ist, muss eine solch folgenschwere Entscheidung im Stadtrat diskutiert werden. Denn der neue Vertrag steht im klaren Widerspruch zum städtischen Energiekonzept."
Der jetzt eingeschlagene Weg wirft viele Fragen auf: "Was passiert, wenn aufgrund eines eventuell notwendigen Zukaufs von "Verschmutzungsrechten" die Preise für CO2-Zertifikate im Rahmen des Emissionsrechtehandels explodieren? Was passiert, wenn sich die Wohnraum-Leerstände weiter erhöhen? Wer wird dann die Rechnung bezahlen? Lehmann weiter: "Die Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger werden die Zeche zahlen müssen. Stabile Energiepreise werden in Zukunft nur durch den Einsatz erneuerbare Energien zu gewährleisten sein. Denn Sonne und Wind sind auch noch vorhanden, wenn alle fossilen Brennstoffe als auch das Uran aufgebraucht sein wird."
Hintergrund:
Im Jahr 2000 setzten die SWC 0,95 Mio. und im Jahr 2005 1,15 Mio. Tonnen Rohbraunkohle ein. Mit dem Vertag steigt der Einsatz von Rohbraunkohle ab 2010 bis 2019 auf jährlich 1,30 Mio. Tonnen. Was heißt das für die CO2-Emissionen? Im Jahr 2005 lagen diese in Chemnitzer lt. Klimaschutzbericht (12/2007) bei 1,85 Mio. Tonnen. Die im Jahr 2005 eingesetzten 1,15 Mio. Tonnen Rohbraunkohle waren alleine für ca. 1,14 Mio. Tonnen CO2 verantwortlich (ca. 61 % der Gesamtemissionen). Der aktuelle Klimaschutzbericht der Stadt Chemnitz stellt dazu fest (S. 20): "Diese Zahlen belegen aber, dass ca. 2/3 der Chemnitzer CO2-Emissionen in diesem System entstehen. Deshalb sind große CO2-Minderungen nur gemeinsam mit den Chemnitzer Stadtwerken umsetzbar." Die von den SWC zu vertretenden CO2-Emissionen werden mit dieser Entscheidung nicht sinken, sondern bezogen auf das Jahr 2000 um mehr als 30 % steigen!
Gemäß dem aktuellen Klima-Bündnis-Ziel verpflichten sich die Mitgliedsstädte zu einer kontinuierlichen Verminderung ihrer Treibhausgas-Emissionen. Ziel ist, alle 5 Jahre die CO2-Emissionen um 10 Prozent zu reduzieren. Dabei soll eine Halbierung der Pro-Kopf-Emissionen (Basisjahr 1990) bis spätestens 2030 erreicht werden. Langfristig streben die Klima-Bündnis-Städte und Gemeinden eine Verminderung ihrer Treibhausgas-Emissionen durch Energiesparen, Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien auf ein nachhaltiges Niveau von 2,5 Tonnen CO2-Äquivalent pro EinwohnerIn und Jahr an.
Bezogen auf den Einsatz von Braunkohle würde das Ziel "-10% alle 5 Jahre" ausgehend von den im Jahr 2005 eingesetzten 1,15 Mio. Tonnen Rohbraunkohle bedeuten: 2010 ca. 1,03 Mio. Tonnen, 2015 ca. 0,93 Mio. Tonnen und 2020 ca. 0,84 Mio. Tonnen Rohbraunkohle. In der Praxis planen die SWC aber offenbar das Verfeuern von 1,3 Mio. Tonnen Rohbraunkohle im Jahr 2019. So werden die eigentlich zu verfolgenden Reduktionsziele beim Treibhausgas CO2 ad absurdum geführt. Aufgrund der weiter sinkenden Einwohnerzahl in Chemnitz bis zum Jahr 2020 werden die CO2-Pro-Kopf-Emissionen bezogen auf den Brennstoff Braunkohle stark steigen! Es besteht die große Gefahr, dass mit dem langfristigen Liefervertrag von Rohbraunkohle die CO2-Emissionen auf der Angebotsseite gegenüber dem Jahr 2000 oder 2005 zunächst steigen und dann bis 2019 auf hohem Niveau zementiert werden. Wie soll so eine CO2-Reduktion um 10 Prozent aller 5 Jahre erreicht werden? Es ist nicht akzeptabel, dass der SWC-Vorstand offenbar langfristige Tendenzen, wie den absehbaren weiteren Rückgang beim Fernwärmeabsatz aufgrund besserer Gebäudedämmung sowie die bis 2020 rückläufige Bevölkerungsentwicklung ignoriert und stattdessen einen langfristigen Liefervertrag abschließt, der den steigenden Einsatz von Braunkohle zum Gegenstand hat. Es muss auch die ernsthafte Frage erlaubt sein, ob die Aufsichtsratsmitglieder ihrer Aufgabe gerecht werden, die Geschäftsführung (Vorstand) zu überwachen. In diesem Rahmen kann der Aufsichtsrat sogar bestimmte Maßnahmen der Geschäftsführung von seiner Zustimmung abhängig machen. Hat der Aufsichtsrat hier zugestimmt oder haben die Vorstände Herr Barthel und Herr Degreif eine "einsame Entscheidung" getroffen? Sind sich die in politischer Verantwortung stehenden Aufsichträte Frau Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD), Herr Tino Fritzsche (CDU) und Herr Dr. Eberhard Langer (Die LINKE) überhaupt darüber im Klaren, welch weit reichende (Vor-)Entscheidung mit der MIBRAG-Vereinbarung in Sachen Klimaschutz gefällt wurde?
weitere Informationen: Thomas Lehmann, Sprecher, Tel.: 0177/ 5833744