Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, sehr geehrte Gäste,
es geht heute nicht um Pro und Contra Stadionneubau. Ich glaube, wir wissen alle, dass ein neues Stadion für den CFC notwendig ist. Auch wir Grünen wünschen dem Verein und seinen Fans ein neues Dach über dem Kopf. So wie wir auch allen anderen Sportvereinen und deren Fans anständige Sportstätten wünschen. Frau Oberbürgermeisterin, es geht heute um Ihr Finanzierungskonzept. Das lehnen wir GRÜNEN ab, denn es ist aus unserer Sicht abenteuerlich. Wir würden dieses Konzept auch ablehnen, wenn es sich dabei um die Finanzierung eines neuen Museums oder eines neuen Spaßbades handeln würde.
Die Stadt Chemnitz hat einen hohen Schuldenstand. Unsere Bestandseinrichtungen sind gefährdet. Die weitere Sanierung der Musikschule mit ihren 2500 Schülern steht auf dem Spiel. Im Stadtbad gibt es einen Sanierungsstau in die alte Technik von über 6 Millionen EURO, das Tietz schiebt pro Jahr über 500.000 EURO Defizit vor sich her. Und wie wir heute der Presse entnehmen durften, sind auch im Tierpark die ersten Gehege von einer Schließung bedroht. Dabei handelt es sich mit 170.000 Besuchern im Jahr um die am häufigsten besuchte Freizeiteinrichtung der Stadt. Dort wurden seit Jahren durch die Stadt kaum noch Investitionen getätigt. Fast alle Verbesserungen finanzierte der Förderverein.
Wir fordern daher Verwaltung und Stadtrat auf, erst einmal die städtischen Hausaufgaben zu lösen, ehe wir uns in die Kür eines weiteren Großprojektes stürzen.
Natürlich macht es allen Politikern Spaß, populäre Entscheidungen zu treffen – man würde das am liebsten immer tun. Aber wenn kein Geld da ist, sollten wir erst darüber sprechen, was man sich nicht mehr leisten kann oder will: Tierpark, Stadtbad, Sportforum, Philhar-monie oder Musikschule? Das jahrelange Sparen nach Art der Rasenmähermethode ist in Chemnitz vorbei. Vor dieser Diskussion wird sich aber gedrückt. Das ist politische Insol-venz. Das Resultat: Schuldenpolitik. Wir verschieben die Probleme einfach in die nächste Generation – ein einfacher, aber feiger Weg.
Anfang des Jahres haben wir ein großes Konsolidierungskonzept verabschiedet. In allen Bereichen – bei Sozial-, Sport- und Kulturprojekten wurde gespart. Auch im Personalbe-stand der Stadtverwaltung. Und für die Bürgerinnen und Bürgern erhöhten sich zahlreiche Gebühren – alle merken das in Ihren Geldbeuteln. Die meisten Betroffenen fragen sich nun: Wo kommt plötzlich das Geld für das Stadion her? Frau Oberbürgermeisterin Ludwig hat zur Beruhigung zwar mehrfach gesagt, dass es durch den Stadionneubau zu keinen weiteren Einsparungen bei Bildungs-, Kultur-, Sozial- und Sportprojekten kommen wird, aber daran glauben wir nicht. Die Landesdirektion wird bald weitere Einsparungen fordern.
Uns Grünen wurde immer wieder vorgeworfen, dass wir keine Alternativen aufgezeigt hätten. Das können wir nicht so stehen lassen. Eine Möglichkeit wäre gewesen, dass das Stadion in den Besitz des CFC übergeht und wir einen für den Stadthaushalt kalkulier-baren Investitionskostenzuschuss ausreichen. So wie wir das auch bei allen anderen Vereinen handhaben. Leipzig beim Zentralstadion und Berlin bei der Alten Försterei sind diesen Weg auch erfolgreich gegangen. Eine weitere Möglichkeit wäre, dem Verein zu helfen, dass Stadion drittligatauglich zu machen und erst über einen Neubau nachzu-denken, wenn sich der CFC nach einem Aufstieg in die 2. Liga selbst beteiligen kann. Wir vermissen bei der Finanzierung auch den Anteil der Fans, des Vereins, der Sponsoren und damit der regionalen Wirtschaft. Obwohl doch immer wieder darüber geredet wird, dass es sich beim Stadionneubau auch um Wirtschaftsförderung und Standortmarketing handelt. Alle Chemnitzer Unternehmen hätten sich über eine Erhöhung der Gewerbesteuer um 10 Punkte an der Finanzierung beteiligen können.
Den derzeit vorliegenden Finanzierungsvorschlag müssen wir ablehnen. Er ist aus unserer Sicht ein Blankoscheck für die Verwaltung und hebelt die Haushaltssouveränität des Stadt-rats aus. Wir wissen bis heute nicht, wo das Geld herkommen soll. Es gibt keine Decke-lung der Kosten für den Stadionbau. Zins und Zinseszins sind unkalkulierbar. Es wird kein verbindlicher finanzieller Beitrag des Vereins selbst bei einem Aufstieg festgelegt. Und Wetten auf Steuermehreinnahmen oder den schnellen Aufstieg des CFC sind unseriös. Auch den Bau durch die GGG können wir nicht befürworten. Die GGG ist ein Unterneh-men der Daseinsfürsorge, welches für bezahlbaren Wohnraum mit guter Qualität für alle Chemnitzerinnen und Chemnitzer verantwortlich ist. Auch den Beteuerungen, dass die Mieter nicht unter dem Stadionneubau leiden werden, können wir nicht recht glauben. Denn wenn die Finanzlage der Stadt noch schiefer wird, dann greift der Kämmerer, um sich Geld zu besorgen, zuerst in die Taschen der städtischen Unternehmen. In die CVAG, ins Klinikum oder eben auch in die GGG.
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, wir freuen uns über die rege Teilnahme der CFC-Fans. Leider mussten wir heute aber erfahren, dass fast alle Karten für die Besucher-empore an den CFC gegangen sind. Stadionkritische Bürgerinnen und Bürger fanden kaum einen Platz. Ich hoffe nur, wenn wir in diesem Haus über unpopuläre Maßnahmen am Theater, in der Musikschule oder im Tierpark sprechen müssen, dass dann auch alle Karten an die jeweiligen Fans, Schüler oder Fördervereine gehen.
Danke.