BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Kreisverband Chemnitz

ÖPNV

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste,

als sich Mitte Februar der Hauptbahnhof für das Chemnitzer Modell öffnete, war das wesentlicher Schritt für die Reiseerleichterung mit dem ÖPNV. Die Anbindung macht es möglich, dass Reisende direkt und mit kürzeren Wartezeiten die Zentralhaltestelle zur Weiterfahrt erreichen. Das ist ein großer Fortschritt und wir gehen davon aus, dass die für die nächsten Jahre geplante weitere Durchbindung die Reisezeit weiter verkürzen wird. Wir GRÜNE haben das Chemnitzer Modell immer unterstützt. Heute möchten wir die Gelegenheit nutzen, um dem Freistaat, dem Bund und dem ZVMS ausdrücklich dafür zu danken. Ohne diese Unterstützung wäre das Projekt für die Region Chemnitz nicht umsetzbar. Neben all der Freude über Gelungenes im Nahverkehr dürfen wir aber unsere eigene Verantwortung für den Bus- und Bahnverkehr in der Stadt nicht vergessen.

Hinsichtlich der zu erreichenden Ziele im ÖPNV hatte sich der Stadtrat 2006 unter Berücksichtigung demografischer Veränderungen das Ziel gestellt, 40 Millionen Fahrgäste im Jahr zu erreichen. Ausgangspunkt waren 42,4 Millionen Fahrgäste im Jahr 2003. Und obwohl sich seit dem die Zahl der EinwohnerInnen lediglich um 7000 verringert hat, nutzen 2012 ca. 37,7 Millionen Fahrgäste Busse und Bahnen. Wir sind überzeugt davon, dass die avisierten 40 Millionen möglich sind, aber nur, wenn jetzt dringend etwas passiert. Wie in der Info-Vorlage 21/2012 dargestellt wurde, ist das Reisezeitverhältnis zwischen dem motorisierten Individualverkehr und dem ÖPNV in Chemnitz besonders negativ. Verständlich ausgedrückt bedeutet das, wenn ich auf der Weststraße wohne und in Bernsdorf arbeite, bin ich mit dem Auto in der Regel mehr als doppelt so schnell wie mit dem Bus. Ungünstige Umstiegsbeziehungen und lange Routen in der City machen unseren Nahverkehr noch nicht attraktiv genug.

Bereits im März 2012 hat der Planungs-, Bau- und Umweltausschuss mit dem Vorschlag der Einführung von Ringbuslinien eine Lösungsmöglichkeit für die Verbesserung der Reisezeitverhältnisse aufgezeigt. Gerade für Wohngebiete wie Altendorf oder den Kaßberg wären damit deutliche Verbesserungen und das aufgrund der Flexibilität von Bussen auch relativ schnell möglich.

In all den derzeit geführten Debatten um die Entwicklung unserer Stadt, um Konzepte und Zuschüsse für Theater, Kultur und Soziales, fristet die Entwicklung des ÖPNV ein Schattendasein. Wir fordern daher dringend, die schnellen Lösungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Bus basierten Nahverkehrsinfrastruktur anzugehen, um bereits 2014 erste Ergebnisse für die EinwohnerInnen in den benachteiligten Stadtgebieten zu erreichen. Gleiches gilt für unser Straßenbahnsystem außerhalb des Chemnitzer Modells. Wir nehmen für den Bau von einem Kilometer Straße (Zschopauer) über 7 Millionen Euro in die Hand. Was, so fragen wir – wollen wir für die Verbesserung des Straßenbahnnetzes investieren?

Warum findet diese Debatte derzeit nicht statt? Die Linie 4 zeigt, wie sinnvoll und lohnend Investitionen in den ÖPNV sein können. Entscheidungen, die dringend auf die Agenda des Stadtrates gehören, sind nach unserer Auffassung die Verlängerungen der Straßenbahn ab Schönau in Richtung Westen und die Erschließung des Chemnitzer Nordens. Wenn diese Entscheidungen nicht bald getroffen werden, wird der Status Quo unseres eigenen Straßenbahnnetzes nur schwer zu halten sein bzw. langfristig nicht überlebensfähig bleiben.

Was wir brauchen, ist ein wieder aktiviertes, kommunales Bewusstsein für den eigenen ÖPNV. Der Nachteil der Ausgliederung von Aufgaben der Daseinsvorsorge ist, dass die Debatten zu den Zielen und den dafür notwendigen Mitteln nicht mehr im Stadtrat geführt wird.

Mit der Streichung des Zuschusses in Höhe von einer Million Euro an die CVAG hat der Stadtrat gegen die Stimmen der GRÜNEN das Problem der Finanzierung des ÖPNV fast gänzlich von seiner Agenda gestrichen. Den Denkansatz, dass verbesserte Fahrgast- und Umsatzzahlen logischerweise eine Reduzierung des kommunalen Anteils an der Finanzierung des ÖPNV zur Folge haben muss, teilen wir nicht. Denn dieser Denkansatz hat die aus unserer Sicht gefährliche Konsequenz, dass es sich für die CVAG nicht lohnt, an der Verbesserung von Qualität und Steigerung der Fahrgastzahlen zu arbeiten. Bei den anstehenden Verhandlungen zum Nahverkehrsplan und der Betrauungsvereinbarung fordern wir daher, mindestens für die nächsten 3 bis 4 Jahre eine verbesserte Finanzausstattung der CVAG.

Als Stadtrat müssen wir uns daran messen lassen, wie wir unserer Verantwortung für die Sicherung wesentlicher Elemente der Daseinsfürsorge für die Menschen gerecht werden. Mobilität gehört ganz eindeutig dazu.

Download: Fraktionserklärung ÖPNV

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